Auch im digitalen Zeitalter sind alle Menschen auf die eine oder andere Weise auf Mobilität angewiesen. Verschiedene Mobilitätsformen wirken unterschiedlich auf unsere Umwelt ein und sind mit der Ausgestaltung unserer Gesellschaft verwoben. Der Fokus auf die Automobilität ist in Deutschland besonders prägend und hat weitreichende Konsequenzen — so ist der CO₂-Ausstoß im Mobilitätsbereich seit 1990 trotz technischer Innovationen gleich geblieben. Nun versprechen neue digitale Entwicklungen eine Senkung der Emmissionen, so dass künstliche Intelligenz, selbstfahrende Autos und digitales Verkehrsmanagement zu den Vorboten einer effizienteren und umweltfreundlicheren Mobilität erklärt wurden. Zieht man jedoch die unvermeidbaren Rebound-Effekte und die enormen Energie- und Ressourcenverbräuche der nötigen Infrastruktur mit ein, wird schnell klar, dass die Nutzung digitaler Technik allein die ökologischen Probleme in diesem Bereich nicht lösen kann. Darüber hinaus ist der Aufbau und die Gestaltung unserer Verkehrsinfrastruktur auch eine soziale Frage.

Der Zugang zu privaten und öffentlichen Mobilitätsangeboten funktioniert immer häufiger über digitale Plattformen. Deren Gestaltung ist also eine der zentralen Fragestellungen der Verkehrswende. Diese Plattformen müssen anhand von klaren sozial-ökologischen Kriterien entwickelt werden und auch demokratische Teilhabe und Datenschutz mitdenken. Dennoch übernehmen Techkonzerne in diesem Bereich eine immer größere Rolle und bauen neue Infrastrukturen auf, die nicht am Gemeinwohl orientiert sind, sondern an ihren Profitinteressen. Dabei werden Daten aus unserem Alltagsleben privatisiert und Algorithmen entwickelt, die anhand von eingespeisten Verkehrsdaten unsere Mobilität steuern. Dementsprechend verlieren demokratisch legitimierte Akteure wie Städte die Mittel um die Planung der Verkehrsinfrastruktur an den Interessen ihrer Einwohner*innen auszurichten.

Aus sozial-ökologischer Perspektive muss der öffentliche Personennahverkehr im Zentrum der Neugestaltung unserer Mobilität stehen. Daher stellt sich die Frage, welche digitalen Plattformen entwickelt werden können, um eine sinnvolle Kombination des ÖPNV mit anderen Verkehrsmitteln wie Rad und Elektrocarsharing für alle praktisch und zugänglich zu machen. Diese Frage ist besonders relevant im städtischen Raum, wo die Transformation schon beginnt und die Debatte rund um Machtverhältnisse zwischen den öffentlichen Betrieben und Techkonzernen bereits angelaufen ist. An welchen Kriterien sollen wir uns in diesem Prozess orientieren, und welche Standards braucht es um demokratische Kontrolle zu gewährleisten und die Privatsphäre aller Einwohner*innen zu schützen? Hier müssen wir neue Konzepte entwerfen, bei denen öffentliche Verleihsysteme sowie die Nutzung von Bus- und Bahnlinien sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren.

Mehr zu diesem Bereich

Um sich tiefer zur Rolle digitaler Technik im Bereich Mobilität und in die Debatten unserer Veranstaltungen einzulesen, sind hier relevante Veranstaltungen und Beiträge aus dem Blog zu finden.

17.05.2022 — Meldung zu Kommunikation, Logistik, Mobilität

Veröffentlichung: Broschüre zum Projekt

von Nicolas Guenot


Wege zum guten (digitalen) Leben für alle? Erkenntnisse aus dem Projekt. Aus den vielen Diskussionen mit Expert*innen, die wir im Rahmen dieses Projekts geführt haben, können wir einige Schlussfolgerungen ziehen. Diese fassen wir in einer Broschüre zusammen, die jetzt online zu lesen ist.

In der Broschüre „Digital bewegt — Wege zum guten (digitalen) Leben für alle“ werden viele Fragen rund um die Gestaltung und Nutzung digitaler Technik nachgegangen. Wie können Plattformen für nachhaltige Mobilität jenseits kapitalistischer Zwänge, immer mobil und erreichbar zu sein, gebaut werden? Welche digitalen Organisationssysteme für eine zukunftsfähige Logistik gibt es, die ohne den Zwang zu einer immer stärkeren Flexibilisierung auskommen? Und welche neuen sozialen Medien können sich von der Willkür der Algorithmen befreien und selbstbestimmt von allen benutzt und mitgestaltet werden?

Klar ist, dass wir uns für Kriterien stark machen müssen, die uns dabei helfen, digitale Technik zukunftsfähig zu machen und sie in der nötigen sozial-ökologischen Transformation zum Wohle aller und global gerecht einzusetzen.

12.05.2022 — Meldung zu Kommunikation, Logistik, Mobilität

Podium: Sozial-ökologische Zukunft mit digitaler Technik gestalten?

von Nicolas Guenot


Veranstaltung am 25.5.2022, 19-21 Uhr, in der Galerie KUB in Leipzig und im Livestream. Wie sieht eine Zukunft aus, in der gesellschaftliche Herausforderungen genau dann mit digitaler Technik gelöst werden, wenn das das sinnvollste Mittel ist? Wie kann mit der Klimakrise global gerecht umgegangen werden, wenn wir wirklich abwägen, wann digitale Technik mehr Probleme schafft als sie löst?

Dass eine tiefgreifende sozial-ökologische Transformation unserer Wirtschaft und Gesellschaft nötig ist, machen vielfältige Krisen deutlich. Die Klimakrise ist dabei untrennbar mit Krisen globaler und sozialer Ausbeutung und Ungleichheit verbunden. In der aktuellen öffentlichen und politischen Debatte spielt digitale Technik als Lösung für diese Krisen eine zentrale Rolle: Über Mobilitätsplattformen und algorithmisch gesteuerte Lieferketten bis hin zu digitalen Medien sollen Wirtschaft und Gesellschaft effizienter und damit — so die Hoffnung — grüner gemacht werden. Die Zukunft, die dabei entworfen wird, ist meist ein „weiter wie bisher“ nur mit mehr Technik. Zentrale Herausforderungen wie Rebound-Effekte, Ressourcen- und Energieverbrauch digitaler Technik und die damit einhergehenden Veränderungen von Arbeitsbedingungen und gesellschaftlichen Machtverhältnissen werden dabei häufig vernachlässigt.

Im Rahmen der Podiumsdiskussion werfen wir einen Blick darauf, wie eine sozial-ökologische Zukunft aussehen kann, wenn wir uns erlauben den Fokus zu weiten. Mit Perspektiven aus Wissenschaft, Klima- und Tech-Bewegung diskutieren wir wie digitale Technik gestaltet und genutzt werden müsste, damit sie wirklich zu mehr Klimaschutz, sozialer Gerechtigkeit und Selbstbestimmung beiträgt — und wo deren Grenzen liegen. Konkrete Beispiele dafür gibt es bereits und können als Kompass dafür dienen, wie wir als (Zivil-)Gesellschaft zu einem reflektierten und demokratischen Umgang mit dem großen Projekt „Digitalisierung“ kommen.

Referentinnen sind Andrea Vetter (Wissenschaftlerin und Journalistin an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig und für das Oya Magazin), Claudia Henke (Mitbegründerin der Plattform-Kooperative SUPERMARKT) und Karolin Varner (Software Ingeneurin und Haeckse vom Chaos Computer Clubs).

Das Podium ist kostenlos und erfordert keine Anmeldung. Ein sensibler Umgang mit coronabedingte Vorsichtsmaßnahmen ist nach wie vor Teil unseres Veranstaltungskonzepts. Im Veranstaltungsraum werden Masken getragen und es wird regelmäßig gelüftet. Das Podium wird auch auf Youtube live übertragen werden.

13.12.2021 — Meldung zu Mobilität

Podium: ÖPNV 2.0 für die Region

von Max Bömelburg


Online-Podium am 13.01.2021, 18-20 Uhr. Wie sieht der sozial-ökologische Nahverkehr von morgen aus und welche Rolle spielt die Digitalisierung dabei? Eine Veranstaltung in Kooperation mit einer Aktivengruppe der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB).

Ein bloßer Ausbau des ÖPNV ist nicht genug um vom Auto wegzukommen, um eine echte Mobilitätswende zu erreichen. Wir müssen den ÖPNV neu denken. In den Städten sollten wir den klassischen ÖPNV mit Bikesharing, Carsharing und anderen Mobilitätsangeboten zusammenbringen. Digitale Tools und Plattformen sind dabei unverzichtbar, aber auch ein Ausbau des klassischen ÖPNV ist zentral. Diese werden zur Zeit jedoch noch viel zu oft von profitorientierten Unternehmen programmiert und verwaltet. Wie verhindern wir auch auf der einen Seite, dass eine „Auto first“-Politik die Klimakrise weiter verschärft und auf der anderen, dass am Ende große Tech-Konzerne danach streben Gestaltungsmacht über unsere Mobilität erlangen?

Auf dem Podium wollen wir diese Fragen diskutieren und eine Skizze eines ÖPNV 2.0 für die Region Leipzig/Halle wagen. Welche öffentlichen Verkehrsangebote könnten viele Menschen zum Umstieg vom privaten Auto zum ÖPNV bewegen? Welche Software müsste den Zugang steuern?

Auf Grund der Coronasituation planen wir das Podium als Livestream, sprich die Podiumsteilnehmer*innen werden sich unter 2G+ Bedingungen treffen und diskutieren. Ihr könnt per Zoom teilnehmen oder die Veranstaltung im Youtube-Livestream verfolgen.

Referent*innen sind Dominique Just (aktiv für die Mobilitätswende bei Robin Wood), Timo Daum (Sachbuchautor und Hochschuldozent), Markus Wellner (Verkehrswende und ÖPNV in der Aktiven-Gruppe Verdi bei den LVB) und Wolfgang Geißler (Co-Gründer und Sprecher von Einfach Einsteigen). Das Podium wird moderiert von Julia Kaiser (SDS Leipzig).

Das Podium ist kostenlos und findet online auf Zoom statt: https://us02web.zoom.us/j/82019787025

04.10.2021 — Artikel zu Mobilität

Der Kampf um kommunale Mobilitätsplattformen

von Mark Herterich


Eine Erzählung von verfehlten digitalen Fortschrittsversprechen und der Privatisierung der Mobilität (Teil 1 von 2). Mobilitätsplattformen sind in der städtischen Mobilität gerade in aller Munde. Doch wohin führt uns die aktuelle Politik vieler Städte und Kommunen? Gerade wenn Digitalisierung ausschließlich als Fortschritt verstanden wird ohne die Auswirkungen kritisch und demokratisch zu diskutieren, finden wir uns am Ende in einer Sackgasse wieder. Eine Geschichte aus einer fiktiven Stadt: Alle Darstellungen in diesem Text sind frei erfunden, Ähnlichkeiten mit der Realität sind rein zufällig.

26.05.2021 — Artikel zu Mobilität

ÖPNV 2.0

von Timo Daum


Welche Rolle digitale Technologien in der Neuerfindung des öffentlichen Nahverkehrs spielen können (Teil 2 von 2). Solange der ÖPNV nicht nutzerorientiert gestaltet ist, wird er nicht zur Verkehrswende beitragen. Doch wie könnte ein ÖPNV 2.0 aussehen und welche Rolle spielen darin digitale Technologien? Die Entstehung von Plattformen wie Uber, Sixt oder Googlemaps hat gezeigt, dass datengetriebene Dienste eine wichtige Innovation darstellen, um den öffentlichen Verkehr stärker an den Bedürfnissen der Kunden und Kundinnen zu orientieren. Wenngleich das Geschäftsmodell von diesen Dienstleistern auf vielen Ebenen abzulehnen ist, so kann Digitalisierung zu einer Reformierung der skandalösen Zustände des ÖPNV im Sinne einer guten Mobilität als Teil der Daseinsvorsorge beitragen.

12.05.2021 — Artikel zu Mobilität

Der ÖPNV ist das Hartz 4 der Mobilität

von Timo Daum


Warum sich der öffentliche Nahverkehr neu erfinden muss (Teil 1 von 2). Warum ist mit dem ÖPNV, wie wir ihn kennen, keine Verkehrswende zu machen? Er ist nicht kundenorientiert, sogar diskriminierend, nur auf den ersten Blick ökologisch vorteilhaft, und vor allem mit Blick auf die Zukunft nicht skalierbar, tritt auf der Stelle. Die Krise des ÖPNV ist durch Corona noch deutlicher geworden, er ist dringend reformbedürftig.

11.05.2021 — Meldung zu Mobilität

Podium: Mobility as a (Public) Service?

von Max Bömelburg


Online-Veranstaltung am 19.5.2021, 18-20 Uhr. Angesichts der Klimakrise sollen der Autoverkehr reduziert und ÖPNV sowie Fuß- und Radverkehr gestärkt werden. Die Mobilitätswende muss her, darin sind sich alle einig. Was macht sie aber aus? Viele reden von „Mobility as a Service“ und meinen damit, dass durch digitale Angebote unsere Mobilität effizienter, flexibler und nachhaltiger gestaltet wird. Mit einer einzigen App multimodale Mobilität zugänglich machen. Also einen Rufbus bestellen, anschließend ein Tramticket online lösen und die letzten Meter mit einem Leihfahrrad zurücklegen, das wäre die Zukunft. Aber welche Daten sind dafür nötig? Wem gehören sie? Und wie viel Ressourcen braucht diese App? Wir brauchen klare Kriterien, um den Einsatz digitaler Technik sozial und ökologisch gerecht zu gestalten. Sonst drohen immer mehr Verkehrsdaten unter die Kontrolle großer Techkonzernen zu gelangen, anstatt als kollektive Daten im Sinne einer Mobilitätswende eingesetzt zu werden. Wir müssen also herausarbeiten, wie digitale Plattformen den nötigen Aufbau eines „ÖPNV für alle“ unterstützen können. Könnte „Mobility as a Public Service“ eine Alternative sein? Dabei könnten öffentliche digitale Plattformen als Teil einer sozialen Infrastruktur der Mobilitätswende aufgebaut werden.

Referent*innen sind Anton Brokow-Loga (ILA Kollektiv und Bauhaus-Universität Weimar), Lena Schimmel (dystonse.org) und Timo Daum (Autor und Dozent).

Das Podium findet im Zoom-Raum mit ID 898 9923 7908 statt (ohne Anmeldung), und wird auch auf Youtube live übertragen werden.

22.04.2021 — Artikel zu Mobilität

Die sanfte digitale Neugestaltung der Mobilität

von Anja Höfner, Max Bömelburg, Nicolas Guenot


Was digitale Mobilitätsplattformen verändert haben und wie wir sie gestalten wollen. Der Einsatz digitaler Technik in der Gestaltung der städtischen Mobilität und die Rolle digitaler Plattformen als immer wichtigerer Zugangspunkt für verschiedene Mobilitätsangebote beschäftigten uns in diesem Bereich unseres Projekts. Gemeinsam mit Menschen, die in verschiedenen Bereichen aktiv sind — von der Techszene bis hin zur Ökobewegung, aus Gewerkschaften und Organisationen der Zivilgesellschaft — haben wir uns die Frage nach der Rolle digitaler Technik in der bisherigen Entwicklung der Mobilität und in einer kommenden Mobilitätswende gestellt. Hier wollen wir unsere Diskussionen aus den Seminaren, die wir gemeinsam durchgeführt haben, zusammenfassen.